OUTWARDS / Isle Portraits
Ausgangspunkt der konzeptionellen Fotoarbeit ist eine kleine, autolose Insel vor der Küste Siziliens. Für ihr Langzeitprojekt hat Susanne Brodhage ausnahmslos alle Menschen fotografiert, denen sie dort begegnet ist. Eine in sich abgeschlossene Menge von etwa 150 Menschen unterschiedlicher Herkunft, die zugleich offen und zutiefst zufällig ist, da jeder diesem „anderen Ort“ zugehören könnte. Anhand rein äußerlicher Merkmale findet sie schließlich Paare unter den Porträts, die sie für die Präsentation an ihren unterschiedlichen Horizonthöhen aneinander ausrichtet, entlang einer durchgehenden Linie.
Die Fotografien der Serie folgen einem strengen konzeptuellen Rahmen. Während ihrer wiederholten Spaziergänge über die kegelförmige Insel bittet Susanne Brodhage alle Menschen, die sie trifft, sich auf die flachen Dächer ihrer Häuser zu stellen, mit dem Rücken zur Dachkante, vor dem Hintergrund von Himmel und Meer. Aufgrund der beträchtlichen Entfernung der Insel vom Festland erscheint in diesem Blick der Horizont im wechselnden Licht aller Tages- und Jahreszeiten, wobei der Rest der Welt dahinter ausgeblendet wird. Eine weitere räumliche Trennung findet in den Aufnahmen der Serie an den Dachkanten statt, die im Bildraum fast immer parallel zum Horizont verlaufen. Gerade weil der Abgrund hinter ihnen unsichtbar bleibt, werden diese Kanten zu Leerstellen, die den forschenden Blick des Betrachters schließlich zurück auf das Medium selbst lenken.
Die in der chronologisch nummerierten Serie porträtierten Menschen bleiben anonym, sind keiner spezifischen Repräsentation zugeordnet. Ihre bloße Anwesenheit in diesem isolierten Lebensraum spiegelt sich jedoch bereits in ihrer Kleidung wider, da sie meist so fotografiert wurden, wie sie gerade angetroffen wurden.
Die Konzeption von OUTWARDS gibt einen sicheren Ort vor, den Betrachter und Fotograf einnehmen. Sie sind zugleich Augenzeuge und Teilnehmer eines Prozesses, der die Porträtierten freistellt, um sie in einen Dialog mit einem Außen eintreten zu lassen, das nicht nur die Natur ist.
English Version
OUTWARDS / Isle Portraits
Starting point of the conceptual photo work is a small, car-free island off the coast of Sicily. For her long-term project, Susanne Brodhage photographed all the people she encountered there without exception. A self-contained crowd of around 150 people of different origins, which is both open and deeply random, because anyone could belong to this „other place“. On the basis of purely external characteristics, she finally finds pairs among the portraits, which she aligns for the presentation at their different horizon heights, along a continuous line.
The photographs in the series follow a strict conceptual framework. During her repeated walks across the cone-shaped island, Susanne Brodhage asks all the people she meets to stand on the flat roofs of their houses, with their backs to the roof edge, against a backdrop of sky and sea. Due to the considerable distance of the island from the mainland, the horizon appears in this view in the changing light of all times of day and seasons, with the rest of the world faded out behind it. Another spatial separation occurs in the series‘ photographs at the roof edges, which almost always run parallel to the horizon within the image space. Precisely because the abyss behind them remains invisible, these edges become voids that ultimately redirect the viewer’s investigative gaze back to the medium itself.
The people portrayed in the chronologically numbered series remain anonymous and are not assigned a representation. However, their mere presence in this isolated living space is reflected in their clothing, as they were often photographed as they were encountered.
The concept of OUTWARDS provides a safe space for both the viewer and the photographer. They are simultaneously eyewitnesses and participants in a process that isolates the portrayed individuals, allowing them to engage in a dialogue with an outside that is not only nature.